Colour your life - September 2011
Früher war Obst aus dem eigenen Garten für viele Menschen selbstverständlich. Nutzgärten dienten zur Sicherung der Ernährung und waren weit verbreitet. Nur wenige Privilegierte konnten es sich leisten, Bäume, Sträucher oder Blumen allein der Schönheit wegen zu pflanzen. Doch mit zunehmendem Wohlstand wandelte sich die Gartennutzung, der private Anbau von Nahrungsmitteln verlor an Bedeutung und es entstanden immer mehr Ziergärten. Inzwischen erlebt der Anbau von Obst und Gemüse eine Renaissance, denn die eigene Ernte steht hoch im Kurs.
Abwechslungsreiches Obst
Im September die Zeit zum „Schätze heben“, denn es herrscht Hochsaison im Obstgarten. Jetzt reifen unter anderem Äpfel, Birnen, die wenig bekannten Quitten (Cydonia oblonga) und späte Pflaumen- und Zwetschgensorten. Die Quitte ist ein fast vergessenes Obstgehölz, das schon sehr lange kultiviert wird, aber nur noch selten in Gärten zu sehen ist. Dabei gibt es gute Gründe, diese kleinen Bäume oder Sträucher an geschützten Standorten zu pflanzen: im Mai erscheinen weiße bis zart rosa überhauchte Blüten und im Herbst tragen die Pflanzen viele leuchtend gelbe, bis etwa zwölf Zentimeter große Früchte, deren Form an Äpfel oder Birnen erinnert und die eine pelzige Haut haben. Die je nach Sorte im September oder Oktober reifenden Früchte verströmen einen einzigartigen aromatischen Duft. Frisch sind sie zwar zu hart zum essen, doch verarbeitet werden sie zu einer Delikatesse, zum Beispiel als Gelee, Quittenchutney, Likör oder Quittentarte.
Apfelbäume einst und jetzt
Auch der Apfel ist eine uralte Kulturpflanze. Im Laufe der Jahrhunderte sind unzählige Sorten entstanden. Im Hausgarten ist es möglich, auch solche zu pflanzen, deren Früchte im Handel nicht oder nur schwierig zu erhalten sind. Äpfel sind sehr vielseitige Früchte, die frisch vom Baum oder verarbeitet sehr lecker sind.
Manche Sorten sind erst nach einigen Monaten Lagerung genussreif und können dann im Winter gegessen werden. Mittlerweile ist das Sortiment an kleinbleibenden Obstbäumen und -sträuchern sehr umfangreich und so können auch in einem winzigen Stadtgarten Äpfel, Birnen, Pflaumen und andere leckere Früchte geerntet werden. Manche Obstbäume werden nur etwa mannshoch und sind so schlank, dass sie auch – in einen Kübel gepflanzt – auf dem Balkon Platz finden. Als Spalier an einer Hauswand gezogen, benötigen sie ebenfalls nur wenig Grundfläche. Wer die Möglichkeit hat, sollte einen größeren Obstbaum pflanzen – als Hausbaum ist er ein besonderer Begleiter durchs Jahr und verschönert den Garten schon im Frühling, wenn er blüht. Am besten lässt man sich von den Pflanzenexperten im Fachhandel bei der Auswahl des passenden Obstbaumes beraten. Dabei ist unbedingt auch auf den Gesundheitsstatus der Obstgehölze zu achten, die als sogenanntes „CAC-Material“ (= Standard) oder „zertifiziert virusfrei“ angeboten werden. Die Fachleute wissen auch, welche Obstsorten einen zweiten Baum als Bestäubersorte für eine gute Fruchtbildung benötigen.
Botanische Schätze
Der Herbst bietet nicht nur viel Leckeres aus dem eigenen Garten, er ist auch eine Zeit, in der manche Pflanze mit außergewöhnlichen Eigenschaften auftrumpft. Clematis beispielsweise sind vor allem wegen ihrer auffallenden, schönen Blüten beliebt. Doch manche dieser feintriebigen Kletterpflanzen überraschen im Herbst und Winter mit interessanten Fruchtständen. Einige Wildformen wie die Gold-Waldrebe bilden nach der Blüte fedrige, silbrig glänzende Samenstände. Sie erinnern an Miniaturperücken und schmücken die Pflanzen bis in den Winter hinein. Ein anderer Pflanzenschatz ist die Blaue Mädchen-Kiefer (Pinus parviflora), von der es verschiedene schöne Sorten gibt. Diese Kiefern haben sehr feine, bläuliche Nadeln, die immer zu fünft beieinander stehen und deutlich gedreht sind. An den Enden der Zweige wachsen besonders viele Nadeln. Dadurch wirken die Triebenden wie Pinsel. Die Blaue Mädchen-Kiefer bildet schon als relativ junge Pflanze viele sehr zierende Zapfen, die im Herbst heranreifen.
Farbe im Herbstgarten
Auch die Fruchtmyrte (Pernettya mucronata in Sorten) beeindruckt im Herbst mit besonderen Früchten, die sehr dekorativ sind. Dieser kleine immergrüne Strauch entwickelt auffallende weiße, rosafarbene oder rote Beeren, die bis in den Winter hinein an den Zweigen bleiben. Sie bilden einen schönen Kontrast zu den kleinen, glänzendgrünen Blättern. Fruchtmyrthen sind zweihäusig, das heißt, es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Für reichen Beerenschmuck in den Folgejahren sind deshalb weibliche und männliche Exemplare nötig. Weil die Früchte eine giftige Substanz enthalten, sollte dieser interessante Strauch nicht in Gärten wachsen, in denen kleine Kinder spielen. Die Bartblume (Caryopteris) ist ebenfalls wenig bekannt. Sie hat zierliche, aromatisch duftende Blätter und blüht erst spät im Jahr, im September. Es gibt verschiedene Sorten mit dunkelblauen Blüten. Sowohl die Fruchtmyrte als auch die Bartblume sind kleine Sträucher, die sich gut für die Pflanzung in Gefäße eignen. Sie können deshalb auch Balkon und Terrasse verschönern.
Asternvielfalt
Viele Astern blühen erst spät im Jahr und sollten deshalb in keinem Garten fehlen. Während viele andere Stauden schon verblüht sind, lassen Herbst-Astern die Beete dann mit ihren intensiven Blütenfarben leuchten. Die Farbpalette umfasst eine Fülle an Nuancen von reinem Weiß über Pastelltöne bis hin zu kräftigem Blau, Rot und Violett. Die Wuchsformen und -höhen dieser blühfreudigen Stauden variieren stark. Manche werden über einen Meter hoch, andere bilden kompakte niedrige Blütenkissen. So gibt es selbst für kleine Gärten eine Fülle ganz unterschiedlicher Pflanzenschätze, die vergessen lassen, dass das Gartenjahr langsam zu Ende geht.
Interessant zu wissen – rund um die Pflanzen des Monats September
Äpfel sind nicht nur frisch sehr lecker, sie eignen sich auch gut zur Verarbeitung, zum Beispiel in Kuchen, Tarte, Mus oder Pfannkuchen. Getrocknet, beispielsweise als Apfelringe oder Apfelchips, sind sie außerdem ein gesunder Snack für Zwischendurch. Apfelkuchen gehört zu den beliebtesten Obstkuchen und es gibt unzählige regionale Varianten. Zum Backen eignen sich in erster Linie Sorten, die relativ fest bleiben, wie Boskoop, Elstar oder Jonagold, und die nicht zu saftig sind.
Der Apfelbaum gilt als einer der ältesten vom Menschen genutzten Obstbäume und wurde schon sehr früh kultiviert und züchterisch bearbeitet. Äpfel hatten eine so große Bedeutung im Leben der Menschen, dass sich die Bezeichnung Apfel auch in vielen Wörtern wiederfindet, die nichts mit diesem Obst zu tun hat. Die Begriffe reichen vom Adamsapfel über den Erd- und den Reichsapfel bis hin zum Zankapfel, dessen Entstehungsgeschichte aus der Antike stammt und auf einen Streit griechischer Göttinnen zurückgeht.
Äpfel haben viele Künstler der unterschiedlichsten Stilrichtungen und in unterschiedlichen Epochen inspiriert. So finden sich Äpfel auf Bildern von Andy Warhol, bei Picasso und auch bei Magritte, dessen surrealistische Apfelbilder manche Frage aufwerfen. Cezanne nutzte Äpfel als Vorbilder für seine Stillleben, Gustav Klimt dagegen malte gleich ganze Apfelbäume.
Der Namen der Astern geht zurück auf das griechische Wort aster oder astron für Stern und bezieht sich auf die schönen Blütensterne dieser Stauden. In alten Gartenbüchern werden die Astern manchmal auch als Sternblumen bezeichnet. Der Name konnte sich jedoch nicht durchsetzen.
Der botanische Gattungsname für Quittenbäume – Cydonia – geht wahrscheinlich auf das Lateinische „mala cydonia“ zurück. Diese Bezeichnung heißt Apfel aus Kydonia und soll sich auf die früher Kydonia genannte Stadt Chania auf Kreta beziehen. Ursprünglich stammen die Bäume aber nicht aus Griechenland, sondern aus der Kaukasusregion und gelangten von dort nach Südeuropa.
Die Bezeichnung Marmelade geht auf das portugiesische Wort marmelo für Quitte zurück, denn Quitten und Honig waren einst ein wichtiger Reiseproviant für Seefahrer. Gesüßtes Quittenmus als Brotaufstrich – marmelada genannt – wurde auch exportiert. So gelangte das Wort marmelada vermutlich durch den Handel mit verarbeiteten Quitten auch in andere Länder.
Quittenbäume sind in Mitteleuropa kaum noch bekannt, obwohl sie wahrscheinlich schon seit mehr als 4.000 Jahren in Kultur sind. Karl der Große ordnete in seiner Landgüterverordnung „Capitulare de villis“ sogar die Pflanzung von Quitten an. Die Früchte wurden früher sowohl als Nahrungs- als auch als Heilmittel geschätzt, unter anderem von Hildegard von Bingen, die sie gegen mehrere Krankheiten empfahl. Quitten erleben mittlerweile eine Renaissance und sind erstaunlich variantenreich. Laut des Vavilov-Instituts in der Nähe von St. Petersburg, in dem sich eine der wertvollsten europäischen Pflanzen- und Saatgutsammlungen befindet, gibt es mindestens 400 verschiedene Quittensorten und -typen.
Seit 2010 gibt es den „Tag des Apfels“ am 11. Januar. Warum zu einem Zeitpunkt, an dem die Erntezeit doch schon so lange vorbei ist, mag sich mancher fragen. Nicht jede Apfelsorte kann gleich nach dem Pflücken verzehrt werden. Manche Äpfel brauchen erst einige Monate Lagerzeit, um ihr volles Aroma zu entwickeln. Dank dieser sogenannten Winter- oder Lageräpfel ist es möglich, auch mitten im Winter noch leckeres Obst aus eigener Ernte zu essen.